Der Pariser Unternehmer L. Mouton, hinter dem französische Investoren stehen, tritt mit dem Plan einer Eisenbahn von Paris, über Belgien und die Niederlande, weiter über Venlo, Münster und Osnabrück, über Bremen nach Hamburg, an die Öffentlichkeit. Der Münsteraner Johann Anton Sabey, französisch stämmiger Unternehmer, vertritt in Preußen dieses Vorhaben von der niederländischen Grenze bei Venlo, bis nach Osnabrück.
Chronik der Rollbahn
Der Preußische Minister für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten teilt dem Unternehmer Sabey mit, dass man dem Projekt wohlwollend gegenüberstehe und erteilt L. Mouton, bzw. dessen Komitee, den Zuschlag, die Vorarbeiten auf preußischem Terrain, u. a. den Vermessungsarbeiten, zu beginnen.
In Westfalen streitet man über die Streckenführung - über Lengerich oder Iburg? Das Königreich Hannover verzögert indessen das weitere Vorgehen. Hannover hat keine Interessen an einer Bahnstrecke, die die Interessen für seine Häfen in Emden und Hamburg schwächen könnten.
Die preußische Regierung legt sich auf die Streckenführung über Lengerich fest. Das Projekt rückt in das Interesse anderer etablierter Eisenbahnunternehmer. L. Mouton war zwischenzeitlich aus dem Wettbewerb um die Konzession ausgeschieden. Noch 1865 beschließt die CME (Cöln Mindener Eisenbahngesellschaft), sich um den Bau der Strecke zu bemühen.
Hannover und das Königreich Preußen verpflichten sich in einem Staatsvertrag grundsätzlich zum Bau einer Eisenbahn von Venlo, über Wesel, Münster, Osnabrück, Bremen und Harburg nach Hamburg. Am 28. Mai erhält die CME für die Zweiglinie Wanne - Haltern und für die Stammstrecke Venlo aus Berlin die erforderliche Konzession. Nach dem verlorenen preußisch-österreichischen Krieg von 1866, wird das Königreich Hannover dem Preußischen Staatsgebiet zugeschlagen. Preußen kann somit in der Folge der CME, an der der Staat selbst maßgeblich beteiligt ist, die Konzession für die gesamte Strecke erteilen.
Preußen erteilt der CME die Konzession zum Bau der Strecke. Die Konzession für den Teil Bremen - Harburg folgt allerdings erst 1871.
Die Arbeiten im Voreinschnitt für den ersten Lengericher Tunnel werden mit 200 Mann begonnen.
Die Freie und Hansestadt Hamburg erteilt die Konzession für den Abschnitt Harburg - Hamburg.
Der erste Teilabschnitt mit einer Länge von 67 km, von Wanne über Recklinghausen und Haltern nach Münster, wird eröffnet.
Der Abschnitt Münster - Lengerich - Osnabrück wird, zunächst eingleisig, in Betrieb genommen. In Lengerich befindet sich der einzige Tunnel auf dem gesamten Streckenabschnitt.
Die Köln-Mindener Eisenbahngesellschaft (CME) kann die 11 km lange Verbindung Hamburg - Harburg mit den Süder- und Norerelbbrücken in Betrieb nehmen.
Der 115,7 km lange Streckenabschnitt Osnabrück - Bremen wird eröffnet. In Osnabrück trifft die Strecke auf die bereits am 12. Dezember 1847 eröffnete Strecke aus Hannover in Richtung Niederlande - über Ibbenbüren und Rheine -, welche inzwischen zur preußischen Staatseisenbahn gehört.
Mit der Eröffnung der Strecke Bremen - Harburg werden u. a. die Bahnhöfe Oberneuland, Sagehorn, Ottersberg, Sotrum, Rotenburg, Scheeßel, Lauenbrück, Toostedt, Buchholz und Hittfeld in Betrieb genommen. Die Strecke Bremen - Harburg ist zunächst eingleisig.
Am letzten Tag des Jahres 1874 wird der Regelbetrieb auf dem Abschnitt Haltern und Venlo ebenso aufgenommen.
Der preußische Staat übernimmt die CME rückwirkend zum 1. Januar 1879.
Die CME wird auch juristisch aufgelöst.
Der zweigleisige Ausbau der Strecke ist in vollem Gange. Die Zahl der Züge entwickelt sich enorm, sodass dieser Schritt mehr als erforderlich und überfällig ist.
Der zweigleisige Ausbau der Strecke Bremen - Harburg wird abgeschlossen. Der Abschnitt Harburg - Hamburg wurde bereits von Beginn an zweigleisig betrieben.
Zwischen Hamburg und Wilhelmsburg ist die Strecke viergleisig ausgebaut worden.
Nach Eröffnung des Hamburger Hauptbahnhofs, verliert der Venloer bzw. Hannöversche Bahnhof seine Aufgaben im regulären Pesonenverkehr.
Auch der Abschnitt Wilhelmsburg und Harburg ist viergleisig ausgebaut.
Die ursprünglich als zweigleisige "Rollbahn" und Entlastungsstrecke gedachte Verbindung Rotenburg - Verden - Minden wird eingleisig eröffnet und dem Betrieb übergeben.
Der zweite Lengericher Tunnel - der neue Tunnel - wird eröffnet. Der bereits angedachte viergleisige Ausbau ist wegen der Weltwirtschaftskrise zurückgestellt und unterbleibt letztendlich. Waren Anfang 1929 noch ca. 180 Züge werktäglich unterwegs, ist diese Anzahl während der Wirtschaftskrise auf rund zwei Drittel in 1933 zurückgegangen.
Ab Winterfahrplan kommen auf der Strecke zwischen Köln und Altona die ersten Schnelltriebwagen auf der "Rollbahn" zum Einsatz. Der FDt 38 braucht z. B. von der Elbe an den Rhein rund vier Stunden - mit einer Reisegeschwindigkeit von fast 110 km/h. Mit Kriegsausbruch wird dieser Betrieb wieder eingestellt.
Am 13. März 1945, in der Mittagzeit, wurde der Bahnhof Lengerich von britischen, französischen und niederländischen Bomberpiloten der "2. Tactical Air Force", mit rund 40 Mittelstreckenbombern des US-amerikanischen Typs North American Aviation B-25 Mitchell, bombardiert und in Schutt und Asche gelegt. Die Flugzeuge, insgesamt über 50 Maschinen vom Typ "Douglas A25 Boston" und "B-25 Mitchell", sind vom Air Force Stützpunkt in Vitry en Artois im Norden Frankreichs und von der belgischen Air Base Melsbroek gestartet. Die gestarteten 6 Boston mussten zu den Flugplätzen, von wo diese gestartet waren, zurückkehren. Auf dem Anflug in das damalige deutsche Reichsgebiet bei Wesel, wurde eine B-25 abgeschossen und eine weitere stark beschädigt. Hier griffen mehrere ME 109 "Messerschmitt" der deutschen Luftwaffe an. Der Angriff auf Lengerich dauerte nur rund 8 Minuten, in der Mittagszeit von 12.04 Uhr bis 12.12 Uhr, an diesem Dienstag, den 13. März 1945. Der Angriff wurde begleitet und geschützt von englischen Jagdflugzeugen des Typs "Spitfire". Diese Maschinen kamen von einem Stützpunkt aus der niederländischen Provinzstadt Schijndel, in der Nähe von Eindhoven.
Der Schaden an den Bahnanlagen und dem Umfeld war enorm. Das erste Bahnhofsgebäude aus dem Baujahr 1869 - 1871 wurde bei diesem Angriff, ebenso wie viele andere Häuser, insbesondere an der Lienener Straße im Umfeld des Bahnhofs, teilweise völlig zerstört. Von den damals notierten insgesamt 48 Toten, wurde die Hälfte auf dem Hohner Friedhof beerdigt. Neben den Lengerichern und Pendlern vom Bahnhof, verloren 11 Zwangsarbeiter-/innen ihr Leben.
Die Strecke ist an mehreren Stellen unterbrochen. Die Kriegsschäden sind enorm und konnten auch nicht mehr durch spezielle Aufräumzüge, genannt "Konzentrationslager auf Schienen", beseitigt werden. Dieser Zug, der I. Bauzug der 5. SS-EbBB, hatte ab dem 16.12.1944 seinen Standort etwa 8 Kilometer vom Betriebsbahnhof Osnabrück-Hörne entfernt, südlich des Bahnhofs Hasbergen, im Bereich der damaligen Blockstelle Leeden. Dieser Standort bot mit ihrer Überleitmöglichkeit ideale Standortvoraussetzungen für das Teilkommando. Einsatzorte südlich davon, wie z. B. vom 13. bis 17. März 1945 Lengerich, waren von dort u. a. bis nach Münster ideal zu erreichen. Er bestand personell zunächst aus 236 Häftlingen und den entsprechenden Wach- und Führungskräften der SS – und hatte von dort Einsätze im hiesigen Raum.
Dieses ist sehr ausführlich und geschichtlich fundiert beschrieben im Buch "Konzentrationslager auf Schienen" von Karl Kassenbrock (ISBN 978-3-8353-3419-9).
Die ersten, aus dem Ruhrgebiet kommenden, Kohlezüge fahren wieder über die Strecke nach Hamburg, zum dortigen Hafen.
Mit dem Jahresfahrplan 1950/51, baut die Bundesbahn ein Netz leichter und komfortabler F-Züge auf, dass dem schnellen innerdeutschen Verkehr - vorrangig für Geschäftsreisende - dient.
Mit Beginn des Jahresfahrplan am 2. Juni 1957 beginnt auf Europa's Schienen das TEE-Zeitalter. Auf der "Rollbahn" fahren die ersten Trans-Europa-Express Züge erst ab 1960. Der TEE "Parsifal" wird auf den Triebwagenzug VT 11.5 umgestellt und zugleich die Fahrt bis Hamburg - Altona verlängert.
Beginn der Abrissarbeiten am Bahnhofsgebäude Lengerich aus Anfang 1900 und Neubau des jetzigen Bahnhofsgebäudes. Ende 1964 ist der Nebau abgeschlossen und das neue Gebäude wird genutzt.
Bom Ruhrgebiet ausgehend, wird der elektrische Betrieb bis Osnabrück aufgenommen.
Der Lückenschluss zum vollständigen elektrischen Betrieb erfolgt nun auch auf der Reststrecke von Osnabrück nach Harburg.
Mit Fahrplanwechsel beginnt auf der Strecke der zunächst noch rein einklassige „Intercity-Verkehr“. Die Linie 1 führt von Hamburg über die "Rollbahn" nach Köln und von dort weiter über Mannheim und Stuttgart nach München.
Europas größter Rangierbahnhof, Maschen Rbf, wird in Betrieb genommen.
Insgesamt drei Streckenabschnitte werden auf der Rollbahn für das System IC79 freiggegeben. Hier u.a auch der Abschnitt südlich Lengerich, bis nach Südmühle kurz vor Münster. Hierfür wurde in den Jahren 1976 und 1977 die damalige sogenannte "Hölscher-Kurve", ca. 2 Kilometer südlich des Bahnhofs Lengerich, mit einem neuen, größeren Radius versehen und die enge Altstrecke entsprechend abgebaut.
Nachdem das neue Stellwerk Lengerich am Anfang des Jahres in Betrieb genommen wurde, übernehmen Wir eines der bisherigen zwei im Bahnhof befindlichen Stellwerke, nämlich das "Ln" – ehemals Lengerich-Nord. Das Gebäude ist Baujahr 1900 und steht zwischenzeitlich unter Denkmalschutz. Es dient uns als Vereinsheim und Unterkunft für die vereinseigene Modellbahnanlage im Maßstab H0.
Das Stellwerk "Lf" (Lengerich-Fahrdienstleiter) im Bereich der damaligen Ladestraße - gegenüber Dyckerhoff - wird abgerissen.
Nach zehnjähriger Bauzeit, geht der S-Bahn-Verkehr auf dem Abschnitt Hamburg Hbf und Harburg in Betrieb.
Der in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre begonnene dreigleisige Ausbau des Abschnitts Buchholz - Rotenburg wird abgeschlossen. Dort sind nun 200 km/h zugelassen.
Die bisher im Bahnhofsgebäude Lengerich vorgehaltenen Dienstleistungsflächen im Obergeschoss werden nicht mehr benötigt und in die Vermietung gegeben. Ebenso wird der Gastro-Betrieb im Erdgeschoss eingestellt und geschlossen. Die Räume werden zur Fahrradstation umgebaut.
Der "Metropolitan" zwischen Köln und Hamburg bringt für die neue DB AG eine Zuggattung für den hochwertigen Fernreiseverkehr. Das Angebot wird jedoch bereits im Jahre 2004 mit Fahrplanwechsel wieder eingestellt.
Die "Metronom"-Züge übernehmen den vormaligen Eilzug bzw. Regionalverkehr zwischen Hamburg und Bremen. Seit 2000 hatte die DB ihre Regionalexpress-Züge mit roten Doppelstockwagen eingesetzt und die davor viele Jahrzehnte im Betrieb laufenden "Silberlinge" abgelöst.
Auf dem Streckenabschnitt zwischen Münster und Osnabrück wird die "Westfalenbahn" im Wege einer Ausschreibung eingesetzt. Das Unternehmen gehört zur Abellio-Gruppe, eine Tochter der Abellio Transport Holding aus Utrecht, Niederlande. Die Silberlinge und die Zuglokomotive BR 141 "Knallfrosch" sind nun auch auf diesem Streckenabschnitt Geschichte.
Die ehemalige Güterabfertigung in Lengerich, an der Lienener Straße, wird abgerissen und weicht im Jahre 2014 dem Neubau eines Netto-Marktes. Ein Restgebäude des ehemaligen ersten Bahnhofs aus 1871 wird ebenso verkauft, umgebaut und modernisiert. Dort befindet sich nun ein Auto-Handel.
Die Keolis Deutschland GmbH, ein Tochterunternehmen der französischen Staatsbahn SNCF, wird Sieger im erneuten Wettbewerbs- und Ausschreibungsverfahren für den Streckenabschnitt Münster - Osnabrück. Die Triebwagen vom Typ "Flirt" werden u. a. weiter im gleichen äußeren Erscheinungsbild übernommen und eingesetzt.
Der Fahrplanwechsel bringt den Einsatz der DB Regionalzüge. Die Linie RE2 verbindet künftig Düsseldorf und Osnabrück über die "Rollbahn". Eurobahn und DB ergänzen sich im Halbstundentakt.
Die "Rollbahn" wird 150 Jahre alt.
Der Bahnhof Lengerich soll umgebaut werden – ein eigenes Bahnhofsgebäude wird es nicht mehr geben.